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A queer perspective on women in pop culture |
Ausgabe Nr. 133 Januar 2019 |
Dass ich mich mag
Interview mit FaulenzA
Interview: Christine Stonat (12/2018) Fotos: J. Ja ckie Bai er (oben)
weird: Dein neues Album „Wunderwesen“ (Springstoff) ist Ende November 2018 erschienen. Nach dem recht „opulent“ produzierten letzten Album „Einhornrap“ (Springstoff, 2016) ist dies musikalisch wieder etwas „spärlicher“ instrumentiert. Zurück zu mehr DIY-Feeling!? Ist der Eindruck richtig?
FaulenzA: ‚Back to the roots‘ stimmt auf jeden Fall. Wie bei ‚Einhornrap‘ hat auch hier LeijiONE alle Beats gemacht. Diesmal habe ich aber noch mehr als beim letzten Mal Gitarre und Akkordeon eingespielt. Andere Freundinnen habe Klavier, Geige und Flöte eingespielt. Das macht mehr SingerSongwriter-Feeling, was ich gerne mag.
weird: 20 Songs sind auf deinem neuen Album. 20!!! Warum so viele?
FaulenzA: Mir war das auch ein bisschen unangenehm meinem Produzenten LeijiONE und dem Label Springstoff gegenüber. ^^ Weil ich schon befürchtet hatte, dass sie sagen, das wären zu viele Songs und Leute würden sich das Album dann nicht in einem Zug durchhören. Aber war gar nicht so. Und ich hatte einfach nach dem „Einhornrap“ Album einen so dollen Schreibflash. Dann hatte ich schnell so viele Lieder zusammen. Und meine Lieder sind ein bisschen wie meine Kinder. Da will ich dann keins mehr lieb haben als das andere. Und keins rausschmeißen.
weird: Als Stream und Download gibt es zudem wie schon beim letzten Album nochmals fast genauso viele Songs als Instrumentalversion. Für dich als Musikerin mit sehr starken, queer-politischen, aber auch persönlichen Texten, die so sehr im Fokus deiner Musik zu stehen scheinen, erst mal ungewöhnlich. Aber vielleicht gerade deswegen!? Wie und warum entstand die Idee?
FaulenzA: Das machen glaub ich manche andere Rapper_innen auch. Und ich fänd‘s cool, wenn Leute Lust haben, auch etwas zu rappen und dann entweder meine Songs auf die Beats rappen oder selbst was schreiben oder improvisieren.
weird: Du hast wieder Gäste auf deinem Album wie Sookee oder Finna. Wie war die Zusammenarbeit diesmal?
FaulenzA: Das hat viel Spaß gemacht, war aufregend und auch anstrengend. Also die ganze Kommunikation mit so vielen unterschiedlichen Leuten, Termine finden und so. Aber die Rapper_innen sind alle so toll und bereichern die Songs jeweils so krass. Mit Lady Lazy bin ich gerade dabei ein Musikvideo zu machen. Mit Playmobil-Figuren, die sich stop-motion bewegen sollen. Da macht Lady Lazy gerade ganz viel dafür und es sieht schon jetzt mega aus. Auch mit Finna habe ich ein Musikvideo gemacht, was nächstes Jahr rauskommt.
weird: Dein Titelsong „Wunderwesen“ beschreibt nicht nur dich, sondern auch deinen musikalischen Stil irgendwie recht gut. Er ist wie er ist, einzigartig. Und du sagst es und du machst. Und das ist auch 2018 immer noch sehr empowernd. In der politischen Situation heute wichtiger gerade denn je …!?
FaulenzA: Danke! Das freut mich, dass du das so siehst. :- ) Und ich finde gerade jetzt, wo rechte Leute wie AfD gegen Feminismus, Trans und Geflüchtete hetzen und ihren Hass verbreiten gegen Leute, die nicht in ihr Weltbild passen, Empowerment wichtig. Wenn ich immer mehr auf der Straße von scheiß Leuten angelabert werde, muss ich mir manchmal ins Gedächtnis rufen, dass ich mich mag. Auch, wenn andere mich komisch finden.
weird: Machen. Klingt ganz einfach. Aber das ist es ja nicht. Was waren für dich die größten Hürden als Musikerin mit deinen ersten eigenen Songs da raus zu gehen? Und gibt es die heute immer noch?
FaulenzA: Ich hab mich lange für meine tiefe Stimme geschämt und kam mir komisch vor damit laut zu singen. Das habe ich immer noch. Besonders doll, wenn ich Straßenmusik mache. Manchmal spiel ich mit Akkordeon in U-Bahnhöfen oder draußen und spiele nur Melodien ohne Gesang. Dann glaube ich, lesen mich die meisten als ‚Frau‘. Und wenn ich mich mutig genug fühle, singe ich dazu. Dann werde ich aber manchmal angesprochen, ob ich ‚Mann‘ oder ‚Frau‘ wär. Und ich hab manchmal Angst, was Falsches zu schreiben. Was Blödes, was Leute vllt. unbeabsichtigt verletzt. Und das täte mir sehr leid. Und ich habe manchmal Sorge, zu viel von mir preiszugeben und dass Leute mich dann komisch finden. Aber die Erfahrung hab ich bisher eigentlich nicht gemacht.
weird: Von DIY zum Plattenvertrag. Auch dahinter steckt natürlich viel Arbeit. Wie siehst du die Zeit mit und ohne Vertrag heute im Vergleich?
FaulenzA: Ich bin so froh, dass ich Springstoff hab. Ich bin selbst gar nicht gut in Orga-Arbeit und Bürokratie. Da hilft mir Springstoff sehr und auch ‚Airhorn Antifa Booking‘. So kann ich mich mehr aufs Musikmachen konzentrieren. Generell find ich DIY natürlich immer noch super! Ich mach auch immer noch viel DIY. Z. B. Straßenmusik, und auch ich nehme manche Songs selbst auf und stelle sie kostenlos auf mein Soundcloud-Profil.
weird: Wie blickst du auf das kommende Jahr 2019?
FaulenzA: Ich möchte im Herbst nächsten Jahres mein Liederbuch rausbringen. Mit Liedern und Akkorden zum Nachspielen und Gedichten zum Schmökern. Das wird noch etwas Arbeit sein, aber ich freue mich auf das fertige Buch. Und ich freu ich schon auf rumtouren im Sommer. Gerne wieder mit meiner Straßenmusik/Theater-Gruppe ‚Der Müll der letzten Tage‘.
Wird es eine Tour zu deinem neuen Album „Wunderwesen“ geben?
FaulenzA: Eher einzelne Konzerte. :-)
Vielen Dank liebes WEIRD! Und vielen Dank ihr lieben alle fürs Lesen! Bis bald mal :- )
Interview: Christine Stonat (12/2018) Fotos: J. Ja ckie Ba ier (oben) |
Interview-Steckbrief - in eigenen Worten -
Name: FaulenzA Alter: 31 Beruf: Musikerin Wohnort: Berlin Meine weirdeste Eigenschaft: Ich mag immer noch Kitsch. Und ich bin im Real Life schüchtern, außer auf der Bühne
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FaulenzA | Foto: J. Ja ckie Ba ier |
Am 30.11.18 ist ihr neues Album „Wunderwesen“ erschienen. Nach ersten eigenen Veröffentlichungen ist dies ihr zweites Rap-Album beim queeren Berliner HipHop-Label Springstoff. FaulenzA aus Berlin steht für DIY, Liedermacher_innen-Sound und HipHop. Irgendwo zwischen Fußgängerzone und Profistudio vereint FaulenzA eine Ehrlichkeit, die berührt. Ihre Songs handeln von (ihrem) trans* sein, vom queer sein, von Feminismus, von gesellschaftlichen Missständen, von Gefühlen und Träumen. Immer sehr persönlich, immer voller Liebe und empowernd. Neben der Musik bietet FaulenzA Workshops und Vorträge zu den Themen „Trans*misogynie“ und „Selbstverteidigung/Selbstbehauptung“ an. 2017 erschien ihr erstes Buch „Support Your Sisters Not Your Cisters - Über Diskriminierung von trans* Weiblichkeiten“ (Edition Assemblage)
weird sprach mit FaulenzA noch kurz vor Ende des alten Jahres per E-Mail über ihr neues Album „Wunderwesen“, über persönliche Hürden, über ihr neues Liederbuchprojekt und weitere Ausblicke auf 2019 und noch mehr.
FaulenzA „Wunderwesen“ (Springstoff/Indigo) Out: seit 30.11.18 Single: „Wunderwesen“
Live: AHA, Berlin, 25.1.19
Offizielle Videos „Wunderwesen“ https://www.youtube.com/watch?v=9uKNAmGGWjQ
„Für euch da sein“ https://www.youtube.com/watch?v=-9v7eEKLXIU
„Unterwegs“ |